Der Bitcoin Hype, den wir seit letztem Jahr erleben hat auch im neuen Jahr kaum an Schwung verloren. Es herrscht geradezu Goldgräberstimmung und ein jeder möchte scheinbar ein Stück vom Kuchen abhaben. Leider werden dabei viele Investoren von der vermeintlichen Aussicht auf schnelle Profite geblendet und stürzen sich uninformiert in Spekulationsabenteuer, die ein böses Erwachen nach sich ziehen können.
Mittlerweile hat das Bitcoin-Fieber beinahe jeden gepackt. Kursrekorde überschlagen sich, die Leute kaufen sich zu Höchstpreisen ein – ein oftmals geschehener, fataler Fehler. Die Amateure -von den Profis verächtlich die „zittrigen Hände“ genannt- steigen nicht wirklich aus eigener Veranlassung ein, sondern werden von den Großen wie Schafe zur Tränke „gelassen“, wo sie dann reihenweise durch extremen Kursverfall „geschlachtet“ werden. Kaufe, wenn Angst herrscht, verkaufe, wenn die Gier regiert. Das Wichtigste für einen Investor ist nicht der Intellekt, sondern das Temperament.
„Dein Temperament sollte so sein, dass Du weder große Freude empfindest, wenn Du mit der Masse läufst, und ebenso wenig, wenn Du gegen den Strom schwimmst.“ (Warren Buffet)
Wenngleich ich kein Gegner von digitalen Währungen bin, bleibe ich Realist. Dazu gehört es die Nachrichten auch zwischen den Zeilen zu lesen:
Am 18.12.2017 wurde von der amerikanischen Börsenaufsicht ein sog. „Future“ auf Bitcoin zugelassen. Ein Future ist ein Marktinstrument, mit dem man auf fallende oder steigende Kurse wetten kann. Das Volumen ausgegebener Futures kann dabei um ein Vielfaches größer sein als das Gut gegen oder auf welches „gewettet“ wird, und genau das ist es dann im Kern: WETTEN. Die Gutgläubigen unter den „Bitbugs“ dachten der Kurs würde ins Unendliche schießen und Lieschen Müller und auch Max Mustermann reich machen – unermesslich reich. Und so hat sich das Bitcoin schlussendlich seinen Weg in die Börsen gebahnt, weil sich nun auch die Großen dafür interessieren.
Warum ich so sarkastisch bin?
Sehen Sie, ich beobachte Gold berufsmäßig seit bald 25 Jahren. Auch hier begannen seit dem Allzeithoch die Börsen sich dafür zu interessieren. Was passiert ist? Ganz einfach: Es wurden von den Big 4 Großbanken enorme Geldmengen auf fallende Kurse gesetzt. Die Reaktion: Der Goldpreis sank tatsächlich – die Geldmacht der größten Banken der Welt zwingt seitdem immer wieder den Goldkurs in die Knie und hat ihn unter Kontrolle, wie man in den wöchentlich erscheinenden COT (Handelspositionen = long/short der größten Händler) Daten veröffentlicht sieht. Diese Akteure kann man aber nicht als Goldhändler bezeichnen, selbst wenn sie mehr Gold handeln, als alle Minen der Welt fördern. Denn auch hier, ähnlich wie bei Bitcoin, wird Gold nur als Papier in Form von Futures gehandelt.
Der Vorteil von Futures ist, dass selbst mengenmäßig begrenzte Güter wie Gold, oder nun auch Bitcoin, unbegrenzt herausgegeben werden können. Bei Gold führte das dazu, dass es mittlerweile pro Unze physischem Gold 250 (!) Unzen „Papiergold“ gibt. Somit beeinflusst selbst ein medial gehypter Verkauf von mehreren Tonnen physisch tatsächlich existentem Gold den Goldpreis am Ende genauso viel, wie der vielfach strapazierte umfallende Sack Reis in China.
Kryptowährungen: Mehr als nur Bitcoin
Dass Bitcoin den Kinderschuhen entwachsen ist, haben die Big Player beinahe übersehen, haben aber gleichzeitig sehr wohl mit Sorge die wachsende Beliebtheit der Digicoins erkannt, bei denen sie nichts verdienen konnten. Da lag wohl nichts näher als das altbewährte Rezept, das schon beim Gold zum Einsatz kam auch bei Bitcoin anzuwenden: Derivate auf ein begrenztes Gut aufzulegen, über die indirekt über das Objekt der Begierde geherrscht werden kann.
Und was bringt die Zukunft?
Ich möchte an dieser Stelle eine Prognose wagen, die fast an Kristallkugel-Lesen heranreicht: In vielen Fällen kann man aus der Geschichte lernen, denn ein Faktor bleibt in jeder Gleichung identisch: Die Gier des Menschen. Der Bitcoin-Kurs wurde im Vorfeld der Future-Vergaben in die Höhe gepeitscht, nur um dann innerhalb weniger Tage um fast 30% wieder zu fallen. Dieses Spiel wird sich noch einige Male wiederholen, bis die „zittrigen Hände“ aus dem Markt vertrieben wurden und die „starken Hände“ die Bitcoins zu günstigen Preisen mit Geldern aus den unerschöpflichen Töpfen der Nationalbanken dankbar aufkaufen können.
Kennen Sie ihre Optionen!
Einige Schlaue haben im Vorfeld etwas Vorhersehbares getan, sie haben die Währung von BTC zu BitcoinCash geswitcht – eine Währung die aus einer Spaltung, einer sog. Hardfork, entstanden ist. Dieser Zustrom an Käufern hat etwa dem Kurs von BCH, aber auch einigen anderen Kryptowährungen, sehr gut getan. So erfreuen sich zum Beispiel Etherium, Ripple, Bitcoin oder Iota größerer Kursgewinne von bis zu über 800%.
Momentan sind die Digicoin- Kurse so nervös wie ein Teenager, der kurz davor steht seinem Traummädchen seine Liebe zu gestehen. Ein Einstieg bei der ein oder anderen digitalen Währung kann nach wie vor durchaus lohnend sein, aber mein Tipp lautet:
Nehmen Sie weder die, die Ihnen vom Taxifahrer oder der Supermarktverkäuferin empfohlen werden, noch jene die über keinen Market-Cap verfügen und nur von Blogpropheten als Geheimtipp empfohlen werden.
Too big to fail?
Die einen reden von einer Spekulationsblase, ähnlich der Tulpenblase von 1637, die mit Sicherheit platzen wird, die anderen sagen, „it is too big to fail“. Auch letzteres haben wir doch schon mal irgendwo gehört: Sagte nicht schon 2008 der damalige CEO von Lehmann Brothers genau diesen Satz zum US-Kongress bei einem Hearing? Und wir alle wissen wie es danach weiterging.
Immer wieder werden prominente Befürworter aber auch Gegner von Bitcoin lautstark und breit zitiert, was enorme Bewegungen der Kurse bewirkt. Das ist mittlerweile eine alte Masche, die JP Morgan (mit billigem Geld der letzten Geldmengenausweitung) nutzte um günstiger in Bitcoin einzusteigen, nachdem der CEO Bitcoin medienwirksam als „Betrug“ bezeichnete – was er übrigens am 9.1 ebenso medienwirksam reumütig wieder zurücknahm. In Zeiten in denen „fake news“ und „alternative facts“ im politischen Alltag hoffähig geworden sind ist dies kein Problem mehr.
Meine persönliche Meinung (ich hebe das PERSÖNLICH besonders hervor und betone ausdrücklich, dass dies KEINE ANLAGEBERATUNG darstellt) ist, dass es Fakt ist, dass Bitcoin die erste Währung war, und vermutlich auch bleiben wird, allerdings ist die dahinterliegende Technik veraltet und nicht geeignet auch nur 1% unseres üblichen Bargeldverkehrs zu ersetzen. Andere Währungen haben hier deutlich mehr Potenzial. Welche sich am Ende durchsetzen wird bleibt abzuwarten. Eines steht jedoch fest: Es bleibt spannend auf dem Kryptowährungsmarkt.
Meine Tipps zum Thema
- setzen Sie kein Geld ein, dessen Verlust Sie in finanzielle Engpässe bringen kann.
- setzen Sie keinesfalls Geld ein, das Sie sich geliehen oder durch Kredit geborgt haben.
- setzen Sie nie alles auf eine Karte.
- entscheiden Sie sich für Ihre Coins, und legen Sie sich genau Kursziele bei denen Sie verkaufen möchten.
- bleiben sie cool, auch bei schlechten Nachrichten – das geht nur mit nicht benötigtem Geld.
Bedenken Sie: Falsche Nachrichten sind gefährlich! Aber falsche Auslegung richtiger Nachrichten ist noch gefährlicher!
- behalten Sie eine Cash Reserve für günstige Käufe.
Kaufe, wenn Angst herrscht, verkaufe, wenn die Gier die Oberhand gewinnt.
- achten Sie bei der Auswahl der Coins auf das Marktvolumen.
- achten Sie auf die Herausgeber der Coins – wer steht dahinter?
- meiden Sie Strukturvertriebssysteme!!!
- lassen Sie die Finger von scheinbaren „heißen Tipps“, die gerade herausgekommen sind.
- vergessen Sie es selbst „Minen“ zu wollen. Das ist in Österreich zu teuer.
- lesen Sie Foren und Blogs zu technischen Hintergründen & zukünftigen Weiterentwicklungen der Coins.
- seien Sie sich bewusst, dass JEDE Investition in einen immateriellen Wert einen Totalverlust bedeuten kann.
- nehmen Sie sich einen realistischen Verkaufskurs vor und halten Sie ihn ein: Werden Sie nicht gierig – Gier frisst Hirn!
- bleiben Sie auch dem Gold treu – es wird auch Ihnen immer treu sein.
Abschließend rate ich mündig und selbstständig zu denken. Kein Medium berichtet 100% objektiv und neutral – es gibt immer wieder Interessen die dahinter stehen und Blattlinien vorgeben!
Die Bären machen Schlagzeilen, die Bullen machen Geld. („Bären“ oder „bearish“ = fallende Kurse – umgekehrt bedeutet „bullish“ oder “bullig“ steigende Kurse).
Kaufe nicht, wenn der Kurs am niedrigsten ist, verkaufe nicht, wenn er am höchsten ist. Das können nur Lügner.
Abschließen möchte ich mit einer alten Börsenweisheit, derer es hunderte gibt:
An der Börse sind zwei mal zwei nicht vier, sondern fünf minus eins – und man muss die Nerven haben, dieses minus eins auszuhalten. (André Kostolany)