Neben der Seltenheit zählt für Münzsammler vor allem der Erhaltungsgrad einer Münze zu den wichtigsten Merkmalen, und ist daher maßgeblich für die Bestimmung des Sammlerwerts. Um Echtheit und Erhaltungsgrad möglichst neutral bewerten und garantieren zu können, haben sich Grading Services etabliert, die als dritte unabhängige Partei jedermann ihre Expertise zur Verfügung stellen.
Erhaltungsgrade von Münzen
Bei der Beschreibung des Erhaltungsgrades von Sammlermünzen kommen verschiedene Systeme und Begriffe zu Einsatz. So unterschieden sich deutschsprachige Bezeichnungen sich hier von den internationalen englischen Begriffen.
Deutsch | Abkürzung | International | Abkürzung |
Handgehoben | hdg, hgh | – | – |
Stempelglanz | st, stgl. | Brilliant uncirculated | BU |
Unzirkuliert | unz | Uncirculated | Unc |
Prägefrisch | pfr | Mint state | MS |
Fast unzirkuliert | unz | Almost uncirculated | AU |
Bankfrisch | bfr. | ||
Vorzüglich | vz, vzgl | Extremely fine | XF, EF |
Vorzüglich aus polierter Platte | vz aus PP, PP berührt | Impaired proof | IP |
Sehr schön | ss | Very fine (VF) | VF |
Schön | s | Fine | F |
Sehr gut, sehr gut erhalten | sg, sge | Very good (VG) | VG |
Gut, gut erhalten | g, ge | Good | G |
Mäßig erhalten | – | Fair | FR |
Gering erhalten | ge | Poor, Basal state | PO, BS |
Third Party Grading
Beim Third Party Grading nehmen unabhängige Institutionen die Bewertung einer Münze in Bezug auf deren Erhaltungsgrads vor. Federführend in dieser Branche sind die beiden US-amerikanischen Grading Companies „Numismatic Guarantee Corporation“ (NGC) und „Professional Coin Grading Service“ (PCGS), die aufgrund ihrer Markführerposition den Quasi-Standard für diese Einschätzung vorgeben. Um Ihre Neutralität zu gewährleisten handeln seriöse Grading-Firmen nicht selbst mit Münzen, sondern finanzieren sich über Gebühren für Ihre Gutachten und Zertifikate.
Während in Europa viele Numismatiker Münzen in erster Linie als Hobby sammeln und sich meist auch ein echtes historisches Interesse hinter der Sammelleidenschaft verbrigt, werden Münzsammlungen in anderen Teilen der Welt vor allem als Geldanlage gesehen, die in möglichst kurzer Zeit eine möglichst hohe Rendite einfahren soll. Daher fehlt etwa dem US-amerikanischen Sammler auch nicht selten das Fachwissen Fälschungen zu erkennen oder den Erhaltungsgrad einer Münze richtig einzuschätzen, wodurch Grading Services immer mehr Nachfrage und damit auch Marktmacht erhalten.
Die Zertifizierung durch Third Party Grading Companies garantiert für die Echtheit der jeweiligen Münze, und gibt eine fundierte Einschätzung zum Erhaltungsgrad. Außerdem wird auch eine numismatische Konservierung der Münzen angeboten, um eben den zertifizierten Erhaltungsgrad zu gewährleisten.
Dazu gehört auch das sogenannte Slabing. Schon immer werden Münzen von Sammlern behutsam behandelt und in Schutzfolien und Plastikkapseln gesteckt, um Oxidation, Anlaufen und andere Beschädigungen zu vermeiden. Beim Slabing wird die Münze aber fix zusammen mit der Graduierung in eine Plastikbox eingeschweißt und bekommt eine eindeutige Identifikationsnummer, die jederzeit online in der Datenbank der Grading Anbieter nachgeschlagen werden kann.
Slabs: Problematische Platikhüllen
Die Meinungen bei Numismatikern und Münzhändlern zu Slabs gehen weit auseinander. Neben ästhetischen Gesichtspunkten – manch einer spricht von „Münzsärgen“ – spielen dabei vor allem zwei Gesichtspunkte eine Rolle.
Zum einen muss sich jeder, der eine geslabte Münze kauft auf das Urteil der Grading Companies verlassen. Das ist problematisch, da es trotz vermeintlich neutraler Bewertung, zwischen den verschiedenen Grading Anbietern zu deutliche Unterschieden bei Einschätzungen zu derselben Münze kommen kann. Dazu können manche extrem seltenen Münzen auch nur von wenigen Sachverständigen weltweit geschätzt werden, sodass den Anbietern spezielle Expertise in besonderen numismatischen Nischen fehlt. Hinzu kommt immer wieder, dass gerade durch die Münz-Halterungen der Plastikhülle Fehler und Beschädigungen des Randes verdeckt werden und so eben nicht für den Münzfreund sichtbar sind.
Öffnet man den Plastikholder, um die Münze selbst zu überprüfen, sei es auf Echtheit oder den Erhaltungsgrad der Münze, wird das Siegel der Gradingfirmen gebrochen und das Zertifikat verliert seine Gültigkeit.
Anderseits kommen vermehrt Fälschungen auf den Markt, bei denen nicht nur die Münze selbst, sondern eben auch der zugehörige Slab gefälscht wird. Durch die offenen Datenbanken im Netz, die eigentlich dazu dienen sollen geslabte Münzen eindeutig zu identifizieren, können Fälscher leicht herausfinden, welche Informationen zu welcher Münze gefälscht werden müssen.
Durch das Slabing dieser gefälschten Münzen fällt es den Fälschern dann noch leichter ihre Ware an unwissende Sammler zu verkaufen. Besonders beim Kauf von Münzen auf Online Plattformen heißt es daher vorsichtig sein und eine geslabte Münze nicht gleich unkritisch zu bestellen.
Besser Bullionmünzen als Geldanlage
Meiner Meinung nach werden sich, auch durch den immer größer werdenden asiatischen Markt, gegradete und geslabte Münzen immer mehr durchsetzen, auch wenn europäische Münzsammlern, Numismatiker und Händler dem kritisch gegenüberstehen. Grundsätzlich sollte eine Münzsammlung aber weniger als Geldanlage, denn als leidenschaftliches Hobby betrieben werden. Wer sich für Numismatik begeistert wird mit der Zeit selbst ein Fachwissen in seiner Nische aufbauen, um Fälschungen zu erkennen – sei es der Münzen selbst oder auch der Slabs – und Zustand und Erhaltungsgrad einzelner Stücke zu bewerten.
Wer dagegen Münzen als Geldanlage sieht, sollte überhaupt die Finger von Sammlermünzen lassen und sich auf Anlagemünzen oder sogar Barren konzentrieren. Bei Münzen, wie zum Beispiel dem heimischen Goldenen Wiener Philharmoniker, der kanadischen Maple Leaf oder auch den bekannten Krugerrand Goldmünzen zählt vor allem der Materialwert. Egal ob aus Gold oder Silber: Der Preis von Bullionmünzen und Anlagebarren orientiert sich am Silber- bzw. Goldpreis und eignet sich daher viel besser als dauerhafte Geldanlage.